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EINsamer-wANDERER — Die Helden, die boeses tun muessten, um ...

Published: 2019-04-25 03:39:48 +0000 UTC; Views: 460; Favourites: 5; Downloads: 0
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Description

Die Helden, die böses tun müssten, um Helden zu sein


E
in Held ist seiner Definition nach eine Person, die eine besondere Leistung vollbracht hat und stets mit gutem Beispiel vorangeht. Doch was ist, wenn nur eine dieser beiden Voraussetzungen erfüllt werden kann? Ist es dann noch möglich dem Ideal gerecht zu werden? Diese Frage löste eine existenzielle Debatte unter den größten Helden in ihrer Gilde aus. Seit jeher beschützten sie die Stadt Windheim, doch seit einigen Jahren war es ihnen unmöglich ihren Pflichten nachzukommen, da viele Verbrecher und Schurken heutzutage irgendwelchen Minderheiten angehörten und man in diesen stürmischen Zeiten der Gesellschaft sehr auf seinen Ruf achten musste, wollte man nicht geächtet werden. So kam es, dass sich die obersten Mitglieder der Gilde an einen Tisch setzten und über dieses Problem debattierten. Doch hören wir selbst:

»Ruhe! Meine verehrten Kollegen-«, begann der altgediente Held Connor.

»Und HeldINNEN!«, unterbrach ihn die einzige Heldin in der Runde, die den Namen Hilde-Lotti trug.

»Meinetwegen auch die«, seufzte Connor entnervt, ehe er den Faden wieder aufnahm, »Die Lage ist ernst! Das Volk leidet unter der Zunahme von Kriminalität, Unzucht und Rauschgiftmissbrauch.«

»Ah, holen wir uns seinen Kopf, dann haben wir endlich Ruhe«, meinte der Zwerg Ghumble. Hierbei sollte erwähnt werden, dass dies sein übliches Argument war und er ansonsten nichts weiter beizutragen gehabt hätte, außer natürlich einer Wiederholung dessen.

»Wenn es nur so einfach wäre«, tönte Sir Lanzelos, der für seine Tapferkeit und Reinheit bekannt war. Er war das moralische Gewissen der Runde und setzte klare Grenzen was politisch korrekt in diesen Zeiten war und was nicht. »Dafür müssten wir den Kopf der Organisation zerschlagen und das können wir nicht. Wenn wir die Kriminalität eindämmen möchten, müssten wir Herbert den Schwächlichen töten, aber der sitzt im Rollstuhl.«

»Scheißkrüppel«, brummte Ghumble

»Personen mit besonderen Bedürfnissen«, korrigierte der Ritter. »Und solange ich an diesem Tisch sitze, wird kein Held einen Rollstuhlfahrer töten. Aber zurück zum Thema. Für die Prostitution müssten wir Alex ausschalten, doch der gehört ebenfalls einer Minderheit an«

»Ein Mordsweib«, grunzte der Zwerg.

»Sie ist ein ER, lieber Ghumble und ein recht männlicher noch dazu.«

»Ist da etwa jemand in sie verschossen?«, fragte Hilde-Lotti spitzfindig.

Der Ritter seinerseits wurde rot und meinte nur eingeschnappt: »ER. Diese Person möchte gerne als Mann angesehen werden.«

»Entgegengesetzt jeglicher Realität«, fügte Ghumble hinzu, was ihm einige kritische Blicke einheimste. Viele fragten sich, warum er trotz seiner vollkommen unhaltbaren Kommentare dennoch den stolzen Titel des Helden tragen durfte, dann erinnerten sie sich an seine reiche Familie und sämtliche kritischen Hinterfragungen lösten sich in Rauch auf.

»Zu guter Letzt wäre da noch Abdul der dreiäugige. Ein Rauschgifthändler, der leider für uns unantastbar ist, aufgrund seines Flüchtlingshintergrunds.«

»Wieso ist es derart unhaltbar dass er ein Immigrant ist?«, fragte Connor sich nachdenklich über den Bart streichend.

»Nun, aufgrund der jüngsten Kriegswehen fliehen viele Menschen in unsere Stadt um Zuflucht vor der Zerstörung in ihrer Heimat zu finden. Allerdings schlägt ihnen hier viel Feindlichkeit entgegen, aber auch sie sind nicht frei davon. Würden wir ihn hochnehmen, könnte dies zu einer Eskalation führen, weil entweder die eine Seite sich in ihrer Feindseligkeit bestätigt sieht und selbstständig wird oder aber die Flüchtlinge würden es als Affront sehen und ebenfalls zur Gewalt greifen. Derzeit ist deswegen die Stadt mit einem Pulverfass zu vergleichen. Ich würde in seinem speziellen Fall daher stillschweigen vorschlagen.«

»Abduhl ist ein netter Kerl«, meinte der Zwerg vergnügt. »Ich kaufe bei ihm gerne meinen Rauschtabak, zum Schniefen. Das Problem ist nur immer die lange Schlange von kleinen Kindern die ebenfalls bei ihm einkaufen.« Wieder dachten viele an das Geld, welches dieser nichtsnutzige Zwerg ihnen allen einbrachte und das beträchtlich größer war, als die Ausgaben um seinen Ruf tadellos zu halten.

Schließlich übernahm Lanzelos wieder das Wort. »Kurzum, sollte Abduhl von uns bekämpft werden, würde dies alle Flüchtlinge in dieser Stadt brandmarken, ob sie nun etwas getan haben oder nicht. Auch sollten wir jene Bürger verheimlichen die wir wegen Ausschreitungen an Flüchtlingen festnehmen müssen. Besser es kommt zu keiner Verurteilung auf beiden Seiten. Sollte es zu einem Aufschrei kommen, werden wir alle unserer Ämter enthoben.«

Der alte Elf Huldrium hob mit zittriger Hand seinen Finger, um sich mitzuteilen. Er war der älteste von allen und beriet diese Gilde seit Jahrhunderten mit seiner Weisheit, auch wenn diese seit fünfzig Jahren von einer gewissen Senilität begleitet wurde. Dennoch hatte er dann und wann seine lichten Momente, sofern er überhaupt noch wach zu kriegen war. »Zu meiner Zeit war alles viel einfacher. Damals konnten wir Helden sein und trotzdem vergewaltigen, brandschatzen und plündern, solange es nur bei den Bösen war. Heutzutage sind alle so langweilig geworden. Hehehehe. Wenn nur der alte Dunkelelf noch hier wäre, der würde euch Jungspunden zeigen was es bedeutet wahrhaft böse zu sein. Maulhelden wir ihr hättet zu seinen Füßen die blutigen Stiefel geleckt, während sein Heer aus Orks die ganze Welt in Finsternis hüllt.«

»Nicht das schon wieder«, stöhnte Hilde-Lotti, mit einer Genervtheit, wie sie nur Jugendliche hervorbringen konnten. »Wen juckt es, was vor Urzeiten so alles unter deinem Hintern passiert ist.«

»Was sollen wir also tun?«, fragte Connor wieder an Lanzelos gewandt. »Sollten wir vielleicht ihre Helfershelfer erledigen.«

»Das wäre auf jeden Fall ein guter Schachzug, aber auch ziemlich riskant. Immerhin könnte man von uns dann behaupten, dass wir diese Leute nur getötet hätten, weil sie Freunde ethnischer Minderheiten sind.«

»Hetzen wir ihnen doch einfach einen Attentäter, Söldner oder sonst wen auf den Hals«, warf Hilde-Lotti ein.

»Auch eine Möglichkeit, doch man könnte der Spur des Geldes folgen und unser Ruf wäre dahin. Ganz zu schweigen davon, dass wir nicht im Mittelpunkt ständen, sollte es von Erfolg gekrönt sein.« Dieses Argument zog zustimmendes Gemurmel nach sich. Niemand wollte ein Held sein, ohne auch den dafür geltenden Ruhm zu ernten. »Die Lage ist aber dennoch ziemlich ernst. Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, könnte unser Ruf leiden. Die Leute tuscheln jetzt schon über unsere Untätigkeit. Aber die gemeinen Leute können diese prekären Lage auch nicht nachvollziehen in der wir stecken. Sollten wir es ihnen jedoch erklären, könnte dies ebenfalls zu einer Rufschädigung führen.«

»Wir stecken also in einer Zwickmühle«, meinte Connor bartstreichend und versuchte dabei möglichst weise zu klingen.

So ging das Gespräch den ganzen Tag weiter. Niemand ahnte etwas davon, dass bald ein Übel diese Stadt erreichen würde, welches alles für immer verändern würde.


The End

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Comments: 1

Miguel-Sepulveda [2019-04-25 04:07:12 +0000 UTC]

Ein übel dass alles verändern kann ... bin gespannt^^

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