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eisengrind — Die alte Frau und das Zeitglas
Published: 2012-12-16 20:33:54 +0000 UTC; Views: 751; Favourites: 2; Downloads: 1
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Description Eine alte Frau hatte vom Teufel eine Sanduhr bekommen, in der ihre Lebenszeit als feiner Sand unaufhörlich durch die Gläser rieselte, von oben nach unten, unaufhaltsam.

Jeden Tag schaute die alte Frau fortan auf ihre Sanduhr und freute sich, dass noch so viel Sand im oberen Glase war und ihr Lebensende noch so weit entfernt schien.

Doch mit jedem einzelnen Tag wurde der Sandberg im unteren Glas der Sanduhr höher – und ihre verbleibende Zeit wurde immer weniger. Und weniger. Und weniger.

Wo sie also vor Jahren noch jeden Tag voll Freude auf Ihre Sanduhr geschaut hatte, saß sie nun griesgrämig am Frühstückstisch und fragte sich, wie es hatte passieren können, nein, wie sie es hatte zulassen können, dass der Sand so schnell durchgerieselt war.

Dieser Gedanke beschäftigte sie eine unwahrscheinlich lange Weile, und zwar genau bis zu jenem Tag, da sie merkte, dass der verbliebene Sand nur noch ein Häufchen war und sie keine Chance hatte, das Rieseln aufzuhalten. Voller Wut nahm sie die Sanduhr und schleuderte sie den Abgrund hinunter, direkt in das klare Wasser des Flusses.

Am nächsten Morgen fühlte sie sich besser.

Doch schon am Tag darauf wurde sie nervös und begann, nach ihrer Sanduhr zu suchen. Sie kletterte den Abhang hinab, suchte am Flussufer. Vergebens. Die Angler am Ufer fragte sie: „Habt ihr meine Zeit gesehen? Wo ist meine Zeit nur geblieben? Ich habe sie verloren…"

Sie lieh sich ein Fischerboot und ließ sich den Fluss hinabtreiben, die Augen starr auf das kristallklare Wasser und den Grund gerichtet. Sie sah nichts von all der Schönheit, die sich rechts und links entlang ihrer Reise an den Ufern erstreckte.

Eine unendlich lange Weile später gab sie verzweifelt und verbittert die Suche auf und kehrte nach Hause zurück. Dort wartete der Teufel bereits in ihrer Küche auf sie. Er deutete auf die Tasche ihrer Schürze und sagte:

„Du kannst deine Zeit nicht einfach wegwerfen. Deine Zeit wird immer bei dir sein, ob du es merkst oder nicht…"

Die alte Frau griff in die Tasche und nahm die Sanduhr heraus. So lange hatte sie nach ihrer verlorenen Zeit gesucht, dabei war sie ihr immer treu zur Seite gestanden – sie hätte nur nach ihr greifen müssen.

Und nun konnte sie voll Entsetzen nur noch hilflos zusehen, wie die letzten Sandkörner immer schneller und schneller in das untere Glas der Sanduhr rieselten und wie das letzte Sandkorn sich schließlich auf die Reise machte, um dann endlich auf dem Berg ihrer vergeudeten Zeit zu landen.

m.k.
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Comments: 9

IizGrohiik [2012-12-21 21:05:41 +0000 UTC]

ach ich liebe solche klarheiten und schöne sachen zu lesen^^
man kann sich rihctig reinversetzen bzw. die geschichte sehen.
so tiefsinig sind nich viele, eigentlich viel zu wenig-.-

tolle geschichte

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eisengrind In reply to IizGrohiik [2012-12-26 10:42:09 +0000 UTC]

Danke, freut mich. Ich hab immer Probleme, meine Ideen möglichst klar und ohne Umwege in Geschichten zu verpacken. Hier hat es ausnahmsweise mal ganz gut geklappt^^

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angelrose112 [2012-12-17 21:23:16 +0000 UTC]

tolle Geschichte sehr philosophisch

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eisengrind In reply to angelrose112 [2012-12-18 16:59:34 +0000 UTC]

Ich danke dir

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Tutziputz [2012-12-16 20:55:18 +0000 UTC]

Tja, und letztendlich war jede Form, sich mit der Sanduhr zu beschäftigen, verschwendete Zeit ...

... sinnlos, sie zu beobachten, sinnlos, sie zu suchen, sinnlos, sich darüber zu freuen, sinnlos, sich darüber zu ärgern ... und sinnlos, Angst davor zu haben!

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eisengrind In reply to Tutziputz [2012-12-18 17:00:10 +0000 UTC]

So sieht es aus. Die einzig richtige Herangehensweise ist wahrscheinlich, sie einfach nicht zu beachten! Aber so einfach ist das ja auch nicht immer...

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Tutziputz In reply to eisengrind [2012-12-18 17:39:52 +0000 UTC]

Wie war das noch?

Bitte gib mir die Kraft, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, die Dinge zu ertragen, die ich nicht ändern kann, und die Weisheit, zwischen beiden zu unterscheiden.

Wir werden sterben, wir können es nicht ändern. Aber wenn wir unsere Existenz nur daran ausrichten ... tja, dann verpassen wir das Leben.

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eisengrind In reply to Tutziputz [2012-12-21 16:36:40 +0000 UTC]

Ja, so sieht es aus... Eigentlich ganz einfach - in der Theorie

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Tutziputz In reply to eisengrind [2012-12-21 18:48:25 +0000 UTC]

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